Ich habe leider kein unretuschiertes Foto für dich
Könnte ich auch die unretuschierten Bilder meines Shootings erhalten? – Diese Frage höre ich regelmäßig. Auch wenn ich meinen Kundinnen und Kunden gerne jeden Wunsch von den Augen ablese, bleibe ich in dieser Frage hart. Die Antwort lautet daher immer Nein.
Das hat nichts mit mangelndem Service-Bewusstsein, aber sehr viel mit den Ansprüchen an mein Handwerk zu tun – denn es gibt gute Gründe, unbearbeitetes Material nicht aus der Hand zu geben.
Grund 1: technische Barrieren
Zum einen ist es ein technisches Thema – denn ich fotografiere ausschließlich im RAW-Format. Das Ergebnis ist in diesem Fall kein fertiges Bild, das man problemlos auf allen Devices öffnen könnte, sondern eine Art digitales Negativ. Zur Entwicklung braucht es zwar keine Dunkelkammer, aber Spezialsoftware wie Photoshop und Lightroom, die recht teuer, komplex und nicht auf jedem Endgerät vorhanden ist. Die unbearbeitete Fassung wäre somit für den Großteil meiner Kundinnen und Kunden nutzlos.
Für die professionelle fotografische Arbeit sind RAW-Dateien aber essentiell, da sie stärkere und vor allem zerstörungsfreie(re) Anpassungen an Bildern ermöglichen als „Instant-Formate“ wie jpg oder png. Dadurch können etwa (Licht-)Bedingungen korrigiert und die Wirkung einzelner Farben weit über die Möglichkeiten einer Kamera hinaus angepasst werden.
Grund 2: gestalterische Handschrift
Wenn wir uns für die Zusammenarbeit mit einem Fotografen/einer Fotografin entscheiden, berücksichtigen wir in der Regel auch den Stil des jeweiligen Portfolios. Dieser Stil wird nicht allein durch Motivwahl, Bildaufbau und Fokus bestimmt, sondern auch durch subtilere Elemente wie Farbtemperatur, Klarheit, Sättigung und Dynamik, die insbesondere auf gezielte Bearbeitung im Rahmen der Postproduktion – also auf professionelles Feintuning in Lightroom, Photoshop & Co. – zurückzuführen sind.
Unretuschierte Bilder geben meinen Stil und meine Vision hingegen nicht bzw. nur ungenügend wieder. Genau diese gestalterische Höhe macht ein Bild aber zum Werk, das laut Urheberrecht auch vor nachträglicher Veränderung (etwa durch die Anwendung eines einfachen Bildfilters!) geschützt ist.
Grund 3: perfekte Ergebnisse
Wenn wir mit professionellen FotografInnen zusammenarbeiten, wünschen wir uns – zurecht – perfekte Ergebnisse. Das unbearbeitete Rohmaterial ist davon noch entfernt – daher sorge ich für erste, leichte Optimierungen schon vor der Bereitstellung der Bilder zur Vorauswahl. Bei der Selektion via Online-Galerie sollen meine Kundinnen und Kunden schließlich schon Lichtstimmung und Wirkung des Bildes einschätzen können und einen Vorgeschmack auf die optimierte Fassung erhalten.
In der Feinretusche geht es an die stilistische Optimierung, die einem Bild die passende Stimmung und Tiefe verleiht. Erst dann darf das fertige Produkt die Reise zu euch antreten – und hoffentlich eine Extraportion Freude verbreiten. Es ist eben wie im Restaurant, wo wir unser Schnitzel – entsprechend der Art des Hauses – gewürzt und abgeschmeckt serviert bekommen und uns nicht mit rohen, faden Grundzutaten zufriedengeben müssen.
Vorher – Nachher: Ein Bild sagt mehr als tausend Worte
Wie groß der Unterschied zwischen unbearbeitetem RAW-File und fertigem Produkt ausfallen kann, seht ihr hier bei den Fotos im Beitrag. Erstaunlich, nicht wahr?