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Abgeschminkt – ein Projekt, das mich mehr forderte als erwartet

Miriam blitzt Abgeschminkt

Da ich immer wieder wunderschönen Frauen begegne, die sich selbst nicht schön finden, spielte ich schon lange mit dem Gedanken, etwas Neues auszuprobieren. Ich sehe beim Fotografieren nämlich nie die angeblichen Falten, die für den eigenen Geschmack zu große Nase, Problemzonen am Bauch oder einen kränklichen Look, den es mit Makeup zu überdecken gilt – ich sehe ausschließlich strahlend-schöne Frauen.

 

Warum sich Selbst- und Fremdbild derart unterscheiden, begann mich daher zunehmend zu beschäftigen. Wie es bei einem so intimen Thema ist, landete ich auch gleich bei mir selbst: Ich fragte mich, warum ich auf Fotos eher meine Schlupflider, meine große Nase, meine rötliche Haut und mein Alter sehe, als meine strahlenden Augen und mein großes Lachen.


Warum glauben wir, nicht zu genügen?

 

Nach einem Gespräch mit meiner Kollegin entschied ich, dieser Frage im Rahmen eines Projekts nachzugehen.

 

Daher lud ich in einer Facebook-Gruppe für Frauen dazu ein, am „Experiment Abgeschminkt“ teilzunehmen.

 

Mein Fokus: Ich wollte die Teilnehmerinnen geschminkt und ungeschminkt portraitieren und diese Bilder gegenüberstellen. Ich wollte zeigen, wie wunderbar wir auch ohne Make-up und Verkleidung sind.

 

Die Resonanz war überwältigend: Über 60 Frauen erklärten ihr Interesse und 15 nahmen bis dato vor meiner Linse Platz.

 

 


Das Selbstexperiment

 

Ehe ich starten konnte, musste ich das Experiment natürlich selbst wagen. Easy, dachte ich, denn ich betone meine Augen und überschminke meine Hautrötungen in der Regel nur dezent. 

 

Die Aufnahme des geschminkten Portraits fühlte sich tatsächlich natürlich und wie immer an. Doch dann ging es ans Abschminken.

 

Ich muss gestehen, dass es ein seltsames Gefühl war, vor dem Spiegel zu stehen und das Make-up abzurubbeln, um mich anschließend der Kamera „nackt“ zu präsentieren. Gar nicht so leicht, sich noch selbstsicher und schön zu finden. In der Tat überzeugten mich die abgeschminkten Portraits auch deutlich weniger.

 

Das Feedback meines Umfelds war jedoch durchwegs positiv. Einige BetrachterInnen meinten sogar, dass sie kaum einen Unterschied zwischen den Bildern wahrnehmen. Für mich war die Differenz krass.


Miriam blitzt Abgeschminkt

Kein Vergleich

 

Mit dieser Selbsterfahrung im Gepäck startete ich schließlich in drei Shooting-Tage. Dabei war es mir wichtig, jede Teilnehmerin vorab kennenzulernen: Ich wollte die persönliche Motivation zur Teilnahme verstehen, erfahren, welchen Stellenwert Make-up in ihrem Alltag einnimmt, und wissen, was es mir ihr macht, ungeschminkt vor die Tür zu gehen. Wie sich herausstellte, war dieses Verhalten recht unterschiedlich: Einige schminkten sich täglich, einige nur für besondere Anlässe und andere hatten ihre Routinen durch Corona und Homeoffice bereits verändert. 

 

Nach dem Kennenlernen nahmen wir zunächst die geschminkten Portraits auf. Dank lauter Lieblingsmusik und guter Stimmung, war es relativ einfach zu superschönen, strahlenden aber auch kraft- und ausdrucksstarken Ergebnissen zu kommen.

 

Ehe es an die zweite Runde ging, wurde im Studio-Badezimmer gründlich abgeschminkt. Die Musik wurde lauter, aber die Stimmung hatte sich in der Regel verändert. Die vormals toughen Frauen wirkten nun anders auf mich: unsicherer, verletzlicher, aber auch unheimlich mutig (Dabei sollte es doch keinen Mut erfordern müssen, das pure Selbst zu zeigen!).

 

Das Bemerkenswerte: Nach dem Shooting verließen die meisten Frauen das Studio unglaublich sicher, vollmotiviert und glücklich.


Miriam blitzt Abgeschminkt

Große Erwartungen

 

Nach dem Shooting wählte ich pro Teilnehmerin ein geschminktes und abgeschminktes Portrait aus, wobei ich Unterstützung durch meine Kollegin erhielt, die beim Shooting nicht anwesend gewesen war und daher eine größere Distanz zu den Frauen hatte als ich selbst. Unsere Auswahl verschickte ich anschließend – vollgepumpt mit Endorphinen und Begeisterung – an die jeweiligen Teilnehmerinnen. Ich hoffte auf positives Feedback.

 

Doch es kam anders.

 

Denn gerade bei den abgeschminkten Fotos hagelte es Kritik. Einige Frauen gefielen sich überhaupt nicht, empfanden sich als alt, krank oder faltig. Eine unglaublich spannende Perspektive, denn ich hatte bei den abgeschminkten Bildern meist besonders positive, strahlende Aufnahmen gewählt. Klar war ein Unterschied sichtbar – doch darauf hatte das Experiment auch abgezielt.

 

Als wir bei einigen Teilnehmerinnen die Fotoauswahl abänderten, fiel ich in ein tiefes Loch. Ich begann an der Projektidee zu zweifeln und fragte mich, ob es meiner Reputation als Fotografin schaden könnte. Ich war unsicher und überlegte sogar, die Bilder unveröffentlicht ad acta zu legen. Und ich ärgerte mich, in ein unbezahltes Projekt derart viel Zeit und Leidenschaft investiert zu haben, das augenscheinlich nur Kummer bereiten sollte.


Miriam blitzt Abgeschminkt

Es liegt im Auge des Betrachters

 

Schließlich wurde mir klar, dass es nicht an mir oder meinem Handwerk lag, dass einige Fotos nicht gefielen. Es war vielmehr das Feedback des kritischen Selbstbilds, das ich zu Ohren bekommen hatte. Durch die Erfahrung aus meinem Selbstexperiment kann ich nachvollziehen, dass das abgeschminkte Bild zunächst als unpassend empfunden wird. Aber je länger ich es betrachte, umso mehr erkenne ich mich selbst.

 

Tatsächlich erging es den meisten Teilnehmerinnen genauso. Ich rappelte mich also wieder auf und beschloss, die Bilder doch zu veröffentlichen. Für mich. Denn ich hatte das Projekt als persönliche Mission gestartet. 

 

Ich stellte die Fotos daher nach und nach auf eine eigens gestaltete Website und veröffentliche die Bilder auch in der Facebook-Gruppe, in der ich zum Experiment aufgerufen hatte. Die Resonanz war unglaublich positiv und voll Anerkennung für die teilnehmenden Frauen.


Miriam blitzt Abgeschminkt

Mein Fazit

 

Ich muss gestehen, dass ich durch das Projekt viel über mich selbst gelernt habe. Ich hatte keine Ahnung, wie schwer es mir fallen würde, mein ungeschminktes Gesicht vor einer Kamera zu präsentieren. Ich hatte tolle Gespräche mit spannenden Frauen und konnte mehrere Seiten dieser wunderbaren Menschen zeigen – darunter auch das ungeschminkte, entspannte und losgelöste Selbst. Wenn ich auf diesen Prozess zurückblicke, erfüllt mich das Projekt durchaus mit Stolz.

 

Am Wichtigsten ist mir aber, keine Wertung abzugeben: Jede Frau sollte sich ganz nach ihrem Gefühl und Wohlbefinden schminken oder eben nicht. Perfekt ist, was passt und sich richtig anfühlt.

 

Mir ging es vor allem um den Prozess und den Mut, sich ungeschminkt einer Kamera zu präsentieren – in einer Zeit und Gesellschaft, die ständig auf Äußerlichkeiten blickt.


Miriam blitzt Abgeschminkt

Alle Ergebnisse des Projekts findest du hier: www.abgeschminkt.at

 

Bereit für eine besondere Erfahrung?

 

Wenn du Teil meines Projekts „Abgeschminkt“ werden möchtest, schreib mir eine Mail an miriam@miriamblitzt und wir klären, ob die Teilnahme zum aktuellen Zeitpunkt realisierbar ist.


Miriam blitzt Abgeschminkt

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